Deutsch lernen in der Schweiz. Wie du es schaffst, ein C1 Niveau zu erreichen. Persönliche Herausforderungen und Tipps von Sonia Martinez.
Es ist soweit. Du hast sehr lange darüber nachgedacht und schlussendlich entschieden, in die Schweiz umzuziehen. Ihre atemberaubende Natur, ihr großzügiges Jobangebot und freundlichen Leute haben dich überzeugt, ein frisches Kapitel deines Lebens in diesem wunderschönen Land anzufangen? Du hast dich natürlich im Voraus über die Schweiz informiert und entdeckt, dass es vier offizielle Sprachen gibt: Deutsch, Französisch, Italienisch und Reto-Romanisch. Was für eine tolle Möglichkeit, Deutsch zu lernen!
Genauso habe ich auch selber gedacht… Ich, ahnungslose Spanierin, verheiratet mit einem waschechten Schweizer, musste nach den ersten Wochen in der Schweiz der Realität in die Augen sehen: Die Schweizer mögen kein Hochdeutsch reden. Ja, du hast richtig gelesen. Sie mögen es nicht. Sie müssen es aber in der Schule lernen, weil kaum Literatur auf Schweizerdeutch existiert, aber ihre Haltung gegenüber ist eher störrisch.
Schweizerdeutsch und Hochdeutsch sind nicht die gleiche Sprache
Hochdeutsch ist eine sozusagen „formelle Sprache“ mit ihren eigenen Regeln, Grammatik und Orthographie. Schweizerdeutsch ist ein Dialekt, und er ändert sich von Region zu Region. Die Schweizer verstehen sich untereinander, aber sie haben unterschiedliche Ausdrücke. Es gibt kein schriftliches Schweizerdeutsch. Wenn du schriftlich mit einem Schweizer kommunizieren willst, wird Hochdeutsch in der Norm akzeptiert. Jedoch ist die Mundart etwas anders: Auch wenn du nur explizit Hochdeutsch sprechen kannst, werden sie auf Schweizerdeutsch antworten. Sobald du diese Erfahrung mehrmals gemacht hast, merkst du es plötzlich: Du musst nun nicht nur Hochdeutsch lernen, sondern auch Schweizerdeutsch, um in diesem Land zu überleben.
Hochdeutsch und Schweizerdeutsch parallel lernen
Ich weiß was du denkst. Es klingt ja unmöglich die zwei Sprachen gleichzeitig zu lernen, und ich kann dir bestätigen, dass es wirklich sehr schwierig ist. Jedoch ist es machbar. Aber wie? Durch eine aktive Integration in der Gesellschaft, passives Lernen (Radio, Fernseher, Zeitung) und einen effektiven Deutschkurs. Sobald du ein Gefühl für beide Sprachen bekommst, wirst du problemlos und freudvoll kommunizieren können.
Ich werde dir nun erklären, wie ich meinen Weg zum C1 Deutsch Niveau angegangen bin. Vielleicht findest du ja den ein oder anderen Tipp, der dich inspiriert.
Aktive Integration. Was heißt das genau und wie kann man das erreichen?
Eine aktive Integration bedeutet, sich die Mühe zu geben, um an der Gesellschaft teilzunehmen. Das betrifft neue Freundschaften zu knüpfen, sich in verschiedenen Aktivitäten zu engagieren und ehrliches Interesse für die Kultur zu zeigen. Ich habe es sehr schwierig gefunden, nicht auf der Straße mein Deutsch verbessern zu können. Dafür habe ich eine Freiwilligenarbeit während sechs Monate gemacht: Ich habe Senioren in einem Altersheim sechs Stunden pro Woche besucht. Sie haben immer sehr viel Freude daran gehabt und sie haben die Sprache für meine Kenntnisse angepasst. Senioren haben viele spannende Geschichte zu erzählen und sprechen in der Regel sehr korrekt. Wenn du weiter mit deinem Hochdeutsch in der Schweiz kommen willst, ist das definitiv ein wunderschöner und effektiver Weg.
Andere Gruppenaktivitäten können dir auch helfen. Es gibt auf Facebook viele Gruppen, wo du Leute mit ähnlichen Interessen finden kannst. Du kannst jede Aktivität auf Deutsch führen… oder einfach Deutsche Kollegen aussuchen. Tatsache ist, dass es dir Spaß macht! Mich hat es erstaunt, wie freundlich die expat-Gemeinschaft in der Schweiz ist. Sie erleben auch ihren eigenen Kulturschock und sie fühlen sich in andere Ausländer hinein. Man muss aber auch eine richtige Balance für sich schaffen und einsame Zeit für Selbstreflexion finden.
Deutsch lernen, ohne es zu bemerken: Das passive Lernen
Mit „Passivem Lernen“ meine ich, eine Sprache wie ein Kind zu lernen: beim Hören, beim Anschauen und eventuell auch beim Lesen, ohne formelle Bemerkungen (Grammatik und so weiter) zu beachten.
Ich habe mich daran gewöhnt, das Radio im Hintergrund immer laufen zu haben. Am Abend schaue ich mir entweder einen Deutschen Film oder eine Serie auf Deutsch mit Untertiteln an oder eine Reportage. Hauptsache ist, Ohren und Hirn fit und an die Sprache gewöhnt zu halten. Zeitschriften und Zeitungen zu lesen ist auch wichtig. Nach einer gewissen Zeit wirst du merken, dass du Ideen und Konzepte sehr gut verstehen kannst. Allerdings wirst du auch Grenzen spüren und merken, dass es dir an Sicherheit im Umgang mit der Sprache im Alltag fehlt. So ist es mir zumindest ergangen. Deswegen bin ich der Meinung, dass du früher oder später, je früher desto besser, einen Deutschunterricht besuchen musst, um mit der Sprache sicher weiterzukommen.
Der Deutschkurs: Der Leim, der all deine Kenntnisse zusammenklebt
Ich lebe seit über sieben Jahren in der Schweiz. Während den ersten sechs Monaten, habe ich einen Intensiv-Deutschkurs besucht, wo ich die Grundkenntnisse lernen durfte. Das hat mir die Selbstsicherheit gegeben, um eine Arbeit zu finden. Danach habe ich im Alltag die Sprache weitergelernt, aber mit vielen Fehlern. Niemand hat mich korrigiert und mir ist bewusst geworden, dass ich nie ohne professionelle Unterstützung weiterkommen würde, deswegen nehme ich heute an einem Deutsch Konversationskurs und einem Deutsch Einzelkurs mit Melanie teil. Die Investition von Zeit und Geld ist meiner Meinung nach sehr wichtig und wertvoll.
Ein Schritt nach dem anderen wirst du zum Ziel gelangen
Geduld, Zeit und Durchhaltevermögen sind meiner Meinung nach sehr wichtig beim Deutschlernen. Und für die lokale Sprache in der Schweiz kann es teilweise helfen, wenn du folgende Tricks im Kopf behältst:
Es gibt im Schweizerdeutsch nur eine Vergangenheitsform: das Präteritum
Ig ha Fründe bsücht = Ich habe Freunde besucht. / Ich besuchte Freunde.
Sie haben Vokabeln aus dem Französischen: Velo anstatt Fahrrad, Exgüssi anstatt Entschuldigung
Die Verkleinerungsform wird überall benutzt. Man muss nur „li“ anstatt „lein“ oder „chen“ sagen: Korb / Körbchen = Chörbli
K wird häufig als ein starkes CH ausgesprochen: Klein = Chli, Kind = Chind, Kochen = Choche
Der Infinitiv hat keinen N: Schlafen = schlaffe, Essen = ässe
Es gibt viele andere Anpassungen, aber sie wechseln von Dialekt zu Dialekt. Es ist auf jeden Fall hilfreich, immer offen und aufmerksam zu sein. Trotz all diesen Herausforderungen und diesem Durcheinander kann ich garantieren, dass du auf jeden Fall mit der Sprache klar kommen wirst. Sorge dich nur darum, dass du damit eine gute Zeit verbringst!
Das ist ein Gastbeitrag von Sonia Martinez aus der Schweiz.